Edmund Pelikan

Kritik am Stern-Wirtschaftsreporter Andreas Hoffmann zum Bericht „Das Märchen vom gefräßigen Staat

Landshut, 22. Mai 2017 (Kommentar der epk media GmbH & Co. KG) – Zunächst sei natürlich vorausgeschickt, dass die Wirtschaftswissenschaft keine eindeutige Wissenschaft ist, sondern ein waberndes Meinungskonglomerat. Danny Kaye sagte einmal so schön: Wirtschaftswissenschaft ist das einzige Fach, in dem jedes Jahr auf dieselben Fragen andere Antworten richtig sind.

Natürlich ist, wenn ein linker Sozialpolitiker mit einem Wirtschaftsliberalen spricht, es meist zum Streit kommen muss, da die Standpunkte nahezu nie vereinbar sind. Ich dachte immer, dass zumindest ein gemeinsames Grundverständnis von Wirtschaftspolitik bei Wirtschaftsjournalisten bestünde, wurde aber eines Besseren belehrt. Andreas Hoffmann redet einer sozialistischen Wirtschaftslehre nach dem Mund. In seinem Porträt auf Stern online schreibt man über ihn, dass ihm die Wirtschaft weiter Rätsel aufgibt.

Anlass des eingangs genannten Artikels war die Steuerschätzung im Frühjahr 2017, die Mehreinnahmen bis 2021 von etwa 54 Milliarden Euro in Aussicht stellt. Wenn Hoffmann nun als Entgegnung bringt, dass „der Staat seinen Bürgern gar nicht tiefer in die Tasche greift als früher“, wird man verleitet, ihn doch zu bitten, Statistiken lesen zu lernen. Auf breiter Front werden zwar nicht die Prozentsätze verändert, aber die Bemessungsgrundlagen. Das bedeutet, dass zwar weiterhin ein bestimmter Steuersatz erhoben wird, aber das, was zu versteuern ist, wird größer bemessen. Typisches Beispiel war hierzu der Sparerfreibetrag. Aber auch Steuersätze werden massiv angehoben. Mit dem Immobilienboom wollte der Staat an diesem Geschäft teilhaben. Die Folge ist, dass neben den Immobilienpreisen (also die Bemessungsgrundlage) auch in zahlreichen Bundesländern der Grunderwerbsteuersatz sich schrittweise binnen weniger Jahre verdoppelte. Hier irren Sie, Herr Hoffmann, und zwar gewaltig. Allein der Bezug der Steuern auf das BIP zeigt Ihre Statistikschwäche. Erst vor einigen Jahren ist die statistische Grundlage des BIP angepasst worden; Werte sind aus dem Nichts geschaffen worden und werden nun im BIP ausgewiesen. Seit 2014 steigern sogar Dealer und Schmuggler das BIP.

Ihr Ausflug in die Filmkritik von Kir Royal macht eher Ihren Reichenhass deutlich, als dass er ein fundiertes Bild für Ihre These abgibt. Hollywood wie auch Bavaria Filmstudios wollen durch Überzeichnung Probleme ansprechen, aber keine Nachrichtenlage erzeugen.

Thema Spitzensteuersatz: In Ihren Zeilen verwechseln Sie Spitzensteuersatz und Spitzengrenzsteuersatz. Nach BMF-Zahlen erreicht man bereits unter 60.000 Euro Einkommen den Grenzsteuersatz von 42 Prozent. Ist man mit solch einem Gehalt tatsächlich schon reich? Sogar das BMF gibt hierbei in einem FAZ Artikel zu: „Unter Berücksichtigung der Sozialabgaben zeigt sich eine vergleichsweise hohe Belastung von Arbeitnehmern.“

Ihre Forderung, dass Reiche mehr Steuern zahlen sollen wie Normalverdiener ist zu platt und Wahlkampfattitüden entnommen, da sogar mit dem legendären Kirchhoff-Steuerkonzept über 25 Prozent Spitzensteuersatz derjenige, der 30.000 Euro verdient 7.500 Euro an den Staat abführt und der Reiche, der 500.000 Euro Einkünfte erzielt, immerhin 125.000 Euro. Demnach wäre Ihre Forderung bereits hier erfüllt. Ob es gerecht ist, dass die oberen 50 Prozent der arbeitenden Bevölkerung etwa 95 Prozent des Steueraufkommen tragen, bleibt dahingestellt.

Kurz gesagt: Ein Staat braucht Menschen, Firmen und Institutionen, die Steuern zahlen und die sich für das Gemeinwohl, die Gerechtigkeit und Steuerehrlichkeit engagieren. Aber diese Leistungsträger müssen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Und der kommt unter anderem durch eine adäquate monetäre Beteiligung an dem Verdienten. Umverteilung um jeden Preis ist falsch. Das sah sogar Astrid Lindgren ein, lange eine überzeugte Sozialistin und Luststeuerzahler, als sie durch ihren Erfolg einen Steuerbescheid von über 100 Prozent bekam. Sie schrieb das Märchen „Pomperipossa“, trat aus der sozialistischen Partei aus, die die kommenden Wahlen prompt verlor. Heute haben viele skandinavischen Länder den überbordenden Wohlfahrtsstaat wieder zurückgefahren. Wollen Sie, Herr Hoffmann, ihn tatsächlich lieber aufbauen?

Autor: Edmund Pelikan